Trendthema Authentizität

Kolumne | Wenn das Echte zum Mehrwert wird


Für Unternehmen ab einer bestimmten Größe gehört Markenkommunikation zu den wichtigsten Faktoren, die für wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg entscheidend sind. In einer Zeit, in der der Markt von immer ähnlicheren Produkten und Dienstleistungen überflutet ist, entscheiden Konsumenten kaum noch nach Funktionalität oder rationalen Gesichtspunkten, sondern hauptsächlich psychologischen.

Um sich diese Tatsache zu Nutze zu machen, versuchen unzählige Werbefachleute und kreative Agenturen genau darauf Einfluss zu nehmen. Im Großen wie im Kleinen versucht man Kunden zu beeinflussen und zu manipulieren, die eigenen Produkte in besonders gutem Licht erscheinen zu lassen. Groß angelegte Werbekampagnen und gezieltes Marketing sollen helfen, ein bestimmtes Image aufzubauen, das möglichst attraktiv für die angestrebte Zielgruppe ist. Dabei ist es keine Seltenheit, dass kräftig übers Ziel hinaus geschossen wird und letztendlich der Schaden größer ist, als der Gewinn.

Ein altes Potsdamer Traditionshaus versucht jünger und hipper zu werden, ändert sein Logo „über Nacht“ von eher altbacken zu ultra-modern. Auch abgesehen von solchen Radikalbeispielen, die absolut keine Seltenheit sind, wird gerne vergessen, dass Unternehmen zumeist bereits eine Geschichte haben - die vom Kunden keineswegs so schnell vergessen wird. Darüber hinaus ist ein Fake immer zu entlarven, auch wenn noch so viel Geld in eine teure Werbekampagnen geflossen ist. Gerade die Deutschen, mit ihrer schwierigen historischen Vorgeschichte, sind sensibel und kritisch was mediale Beeinflussung betrifft, so leicht lassen sie sich nicht von schönen Etiketten blenden. In Zeiten des Social Media werden falsche Werbeversprechen hemmungslos entlarvt und öffentlich an den Pranger gestellt. Der Irrglaube, man könne sich eine Markenpersönlichkeit einfach ausdenken, so lange man sie nur konsequent genug kommuniziert, wurde schon zum Fallstrick vieler Marketingchefs.

Die Persönlichkeit eines Unternehmens oder einer Organisation ist so unverwechselbar wie der Charakter eines Menschen und kann bestenfalls weiterentwickelt werden. Ein Start-up, das tatsächlich von jungen Leuten mit einer Vision gegründet wurde, ist nicht vergleichbar mit einem auf jung gemachten Internetportal, hinter dem sich in Wirklichkeit konservative Anzugträger eines Medienkonzerns verstecken. Bionade war so lange ein Erfolg wie es authentisch wirkte. Als Kommerz-Limo von Gerolsteiner wurde sie zum Ladenhüter. Aus Apple wäre niemals ein derartiges Imperium geworden, ohne Steve Jobs an der Spitze, der all sein Herzblut und Geld in diese Firma steckte. Starkbucks strauchelte empfindlich, als sein Gründer von der Bildfläche verschwand und erholte sich erst, als dieser wieder das Steuer übernahm. Der Aufschwung gelang letztlich nicht durch Einsparungen, sondern eine starke Mitarbeitersolidarität und neue Ideen. Die Entstehungsgeschichte vieler erfolgreicher Modehäuser reicht zu einem einzelnen Menschen zurück, der mit so viel Liebe und Hingabe einem Handwerk nachging, dass man sie noch heute in den Produkten spüren kann. Die Kunden lieben sie, weil in jedem Schuh, in jeder Tasche ein bisschen Geschichte steckt.

Die Liste lässt sich beliebig weiter führen und alle haben sie eines gemeinsam: Eine Vision, eine starke Gründerfigur oder eine Vergangenheit, die in den Produkten weiterlebt. Unsere völlig übersättigte Gesellschaft sehnt sich nach Sinn, nach Dingen, die Bestand haben und echt sind. Nachhaltigkeit wird groß geschrieben. Unternehmen boomen, die für etwas stehen und nicht beliebig austauschbar sind. Und das muss nicht zwangsweise eine jahrzehntelange Tradition sein, jedes Unternehmen hat seinen eigene unverwechselbare Identität. Anstatt viel Geld für eine neue auszugeben, ist es sinnvoller, die eigene zu erforschen.

 

Autor: Florina Linke | Kategorie: Image & Marke | Veröffentlicht am 23.07.2013

Florina Linke ist studierte Wirtschaftspsychologin und Gründerin der Linke Advisors GmbH in Berlin. Sie schreibt Kolumnen und Fachartikel über wirtschaftlich relevante Themen und Trends.


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