Stolperstein Unternehmenskultur

Kolumne | Zwischen Verleugnung und „Wünsch-Dir-was-Mentalität“

Spätestens seitdem auch renommierte Fachzeitschriften wie der Harvard Business Manager (2010) das Thema Unternehmenskultur zum Erfolgsfaktor schlechthin gekürt haben, ist es in aller Munde. Auch aktuelle Kienbaum- Studien sprechen eine eindeutige Sprache: 90% der befragten Topmanager halten die Kultur eines Unternehmens künftig und langfristig für sehr bedeutsam und gar ausschlaggebend für wirtschaftlichen Erfolg.

Interessant sind auch die weiteren Ergebnisse der Studie. Laut dieser hapert es vor allem an der Verankerung von Werten und Leitlinien. Nur ein knappes Drittel der Befragten bewertet die Umsetzung der definierten Unternehmenskultur als gut. Ähnlich sieht es mit regelmäßigem Monitoring aus, das offensichtlich Mangelware in deutschen Unternehmen ist. Glaubt man der Studie, so stehen den Managern kaum verlässliche Erhebungsmethoden zu Verfügung, die eine spezifische Bestandsaufnahme möglich machen. Aus den in der Regel wenigen zur Verfügung stehenden Erkenntnissen würden nur selten Maßnahmen zur Verbesserung der Kultur abgeleitet und umgesetzt werden.

Stolperstein UnternehmenskulturWas also ziehen wir aus diesen eher traurigen Ergebnissen? Unternehmenskultur ist wichtig, doch niemand weiß so recht, wie man dem offensichtlich diffizilen Thema zu Leibe rücken soll? Werfen wir einen Blick in die gängige Praxis. Dort versprechen Unternehmensberater und  spezialisierte Agenturen verzweifelten Führungskräften ein brandneues Unternehmensklima, durch das müde und demotivierte Mitarbeiter sozusagen über Nacht glücklich und leistungsstark werden sollen. Das alles mit Hilfe neuer Leitbilder und semi-kreativer Workshops, in denen - gemeinsam mit den Mitarbeitern - neue Werte definiert werden sollen. Oft lautet das Ergebnis dann „mutig“, „innovativ“, „erfolgsorientiert“ oder auch „nachhaltig“, um mal ein paar besonders beliebte Klassiker zu nennen. Das nennt sich dann Kulturwandel und das Geschrei ist groß, wenn am Ende der Wandel ausbleibt. „80% aller Veränderungsprozesse gehen schief“ weiß man in Fachkreisen schon lange. Und trotzdem  lockt das schnelle Glück. Jahrzehnte lang gewachsene kulturelle Un- und Eigenarten sollen abgewaschen werden, wie ein Abziehbild - und ein neues bitte drüber gebügelt.

Beim Thema Marke ist man da schon etwas weiter. Kaum ein Manager würde heute mehr auf die Idee kommen, den Markenkern seines Unternehmens und die daraus resultierenden Markenwerte so platt zu definieren, wie es im Umgang mit der Unternehmenskultur noch immer die gängige Praxis ist. Das wäre so, als ob man die Marke BMW auf "sportlich", "innovativ" und "deutsch" reduzieren würde - darunter kann sich auch niemand etwas konkret vorstellen. Geben Sie sich bei diesem heiklem Thema nicht mit oberflächlichen Analysen und scheinbar verlockenden Leitlinien zufrieden. Kulturen sind ebenso komplex und verschieden wie Marken und müssen in Ihrer Vielfalt erfasst werden. Nur so können Unternehmen die richtigen Weichen für eine auch zukünftig leistungsstarke und krisenresistente Unternehmenskultur stellen.

 

Autor: Florina Linke | Kategorie: Unternehmenskultur | Veröffentlicht am 25.07.2013


Florina Linke ist studierte Wirtschaftspsychologin und Gründerin der Linke Advisors GmbH in Berlin. Sie schreibt Kolumnen und Fachartikel über wirtschaftlich relevante Themen und Trends.


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